Jusos Hessen

#HessenHinten in der Bekämpfung von Rechtsextremismus – Von Jari Pellmann

Es tut weh über die Taten von Rechtsextremisten zu sprechen. Ganz ehrlich. Es ist anstrengend und ermüdend und man dreht sich immer wieder im Kreis. Das rechtes Gedankengut nicht „irgendwo versteckt“ sondern ganz offen in den sozialen Medien oder im gesellschaftlichen Leben stattfindet, erleben wir als linkspolitische Menschen täglich. Wir werden auf Facebook angefeindet, auf offener Straße beleidigt aber das ist auszuhalten. Nicht auszuhalten ist es, wenn wir darauf aufmerksam machen und das Problem nicht ernst genommen wird. Auch noch von der eigenen Landesregierung.

Nach dem Mord an Walter Lübcke haben wir alle aufgeschrien und getrauert. Denn wieder wurden die Anzeichen übersehen. Stephan Ernst war Teil einer rechtsextremen Partei. Er machte regelmäßig Schießübungen, brüstete sich vor Freunden und Verwandten mit dem Willen zum Mord. Wir waren uns einig, dass so etwas nie wieder geschehen dürfe. Und auch Volker Bouffier stellte sich vor jede TV-Kamera und auf jede Bühne um zu sagen, er nehme es ernst, man werde rechte Terroristen überprüfen, man werde die Anzeichen erkennen. Peter Beuth forderte mehr Personal für den Verfassungsschutz, man werde als abgekühlt geltende Rechtsextremisten überprüfen. Das war 2019.

Am 19. Februar 2020 ermordete ein rassistischer Attentäter zehn Menschen in Hanau. Die Überprüfung nach seinem Antrag auf Waffenbesitzkarten hatte nichts Ungewöhnliches ergeben. Auch, dass er 2019 verschiedenen Kriegssimulationen privater Sicherheitsfirmen in der Slowakei teilgenommen hatte, erregte nicht die Aufmerksamkeit des Verfassungsschutzes. Genauso wenig der Umstand, dass ein Jahr zuvor jemand in Militärausrüstung und Sturmwaffe Jugendliche im Stadtteil des Mörders bedrohte, oder dass er eine Webseite für rassistische und antisemitische Verschwörungstheorien betrieb. Wir trauerten mit den Hinterbliebenen. Wir demonstrierten für Aufmerksamkeit. Und die Aufmerksamkeit kam.

99 Drohschreiben an 28 Personen in acht Bundesländern wurden mit dem Kürzel NSU 2.0 versendet. 350 laufende oder abgeschlossene Disziplinarverfahren wegen Rechtsextremismus bei Polizist*innen wurden zwischen Januar 2017 und März 2020 in Deutschland eingeleitet. Jedes Siebte in Hessen.

Schon 2018 waren Chatgruppen bekannt, in der Polizisten aus einem Frankfurter Revier rassistische und NS-verherrlichende Nachrichten ausgetauscht hatten. Auch als aus diesem Revier Daten abgerufen wurden, die in NSU 2.0 schreiben auftauchten, sah Peter Beuth keinen Anhaltspunkt für rechtsextreme Netzwerke innerhalb der hessischen Polizei. Als sich dieser so genannte Innenminister endlich dazu entschied eine Sonderermittlung durchzuführen, durften die Handys und andere digitale Endgeräte der verdächtigten Polizist*innen jedoch nicht durchsucht werden. Aus ungeklärten Gründen hatte sich die Staatsanwaltschaft dazu entschieden, die Beamten nicht als Verdächtigte, sondern als Zeug*innen einzustufen. Somit verliefen die Ermittlungen ohne Anklage im Sande.

Es tut weh über die Taten von Rechtsextremisten zu sprechen. Es ist anstrengend und ermüdend und man dreht sich immer wieder im Kreis. Doch wir werden es immer wieder tun. Wir haben 2020 darüber gesprochen, wir sprechen 2021 darüber und wir werden 2022 darüber sprechen müssen. Bis sich etwas tut.

P.S.: Peter Beuth, treten sie zurück.

Junge Sozialisten in der SPD