Jusos Hessen

How to: Queergerechte Sprache – Eine Anleitung von Amilio Ludwig-Dinkel

Die erste und wichtigste Regel: Wenn ihr euch nicht sicher seid, wie ihr eine Person bezeichnen oder ansprechen sollt, fragt nach. Das gilt für alle möglichen Label, die sich eine Person gibt oder eben nicht, aber besonders bei Pronomen. Fragt einfach freundlich nach. Fragen zeigt, dass ihr die Person ernst nehmt und respektiert. Wenn euch die Verwendung eines Pronomens unklar ist, googelt es und fragt im Zweifel nach. Falls das aus irgendwelchen Gründen nicht geht, verwendet wenn möglich genderneutrale Sprache, um nicht ein möglicherweise falsches Gender zu implizieren.

Wenn ihr eine Person versehentlich misgendert oder den Deadname benutzt, korrigiert euch schnell und sprecht dann weiter. Natürlich ist es super uncool, wenn das passiert, aber es kann eben mal passieren. Hinterfragt euch selbst und warum es passiert ist. Versucht, solche Fehler in Zukunft zu vermeiden. Vermeidet es auch, euch überschwänglich und lange zu entschuldigen: damit rückt ihr euch selbst ins Zentrum des Diskurses und die misgenderte Person kommt in die Bringschuld, euch zu beruhigen und die Entschuldigung anzunehmen.

Wenn ihr über trans Menschen sprecht oder schreibt, verwendet „trans“ im Zweifel als Adjektiv. Wenn ihr z.B. von „Transmännern“ sprecht, impliziert das, dass es sich um ein eigenes Geschlecht handelt und nicht einfach um Männer, die eben zufällig trans sind. Trans oder cis ist nur ein Aspekt des Geschlechts, wir sprechen ja in der Regel auch nicht von einer „Rotenfahne“. Das gilt natürlich nicht, wenn ihr Bezug auf Menschen nehmt, die sich selbst als „Transmänner“ oder „Transfrauen“ bezeichnen. Respektiert Eigenbezeichnungen und fragt im Zweifel nach. Hier gilt wie immer, sensibel und aufmerksam zu sein.

Nachfragen hat aber auch seine Grenzen. Fragt trans Menschen niemals nach ihrem Deadname. Auch Fragen nach Genitalien und Operationen, die sie eventuell gemacht haben, sind tabu.  Ihr würdet ja auch keinen cis Mann fragen, wie sein Hoden geformt ist.

Vermeidet Formulierungen wie „biologisches Geschlecht“ und sagt stattdessen bei der Geburt zugewiesenes Geschlecht. Bevor das allerdings erwähnt, überlegt euch bitte, ob es wirklich notwendig ist. In den meisten Kontexten ist das bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht nicht relevant. Darauf zu verweisen kann verletzend und triggernd sein.

Anstatt von Homosexuellen, Schwulen oder Lesben zu sprechen, sprecht lieber von queeren Menschen, queeren Männern und queeren Frauen. Nicht jede Frau, die mit Frauen schläft, ist eine Lesbe. Das ist den meisten Kontexten inklusiver. Allerdings sind schwul, lesbisch, etc. natürlich Kampfbegriffe und deshalb in vielen Situationen wichtig. Wägt ab, was ihr ausdrücken wollt.

Schlussendlich gilt, wenn ihr hetero und cis seid, ist es natürlich super, wenn ihr euch für queere Rechte einsetzt. Wie immer bei Allyship gilt aber: Stellt euch selbst nicht zu sehr ins Rampenlicht. Es geht hier nicht um euch.

Ein konkretes Beispiel für die Juso-Arbeit: Kommt gerne zum CSD. Je mehr wir sind, desto besser. Aber: Das ist nicht eure Demo und nicht eure Party. Oft haben die queeren Menschen den ganzen Stress mit der Organisation, der Wagen ist voll mit feiernden cis Heten und wir haben Probleme, Ordner*innen zu finden. Wenn ihr euch also wirklich für queere Rechte auch in der Partei einsetzen wollt, fragt doch nächstes Jahr beim CSD, ob ihr beim Auf- oder Abbau helfen könnt, ob Ordner*innen gebraucht werden oder wie ihr sonst helfen könnt.

 

 

Glossar:

Deadname: Bei trans Menschen der Name, der bei der Geburt gegeben wurde und dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht entspricht.

Misgendern: Das Geschlecht einer Person falsch bezeichnen, beispielsweise durch inkorrekte geschlechtsspezifische Begriffe oder Pronomen

Cis: Beschreibt, dass die Geschlechtsidentität eines Menschen mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt (z.B.: cis Mann= Mann, der mit einem Penis geboren wurde)

Trans: Hier als Sammelbegriff für Menschen, deren Geschlechtsidentität nicht mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt (z.B.: trans Mann= Mann, der nicht mit einem Penis geboren wurde)

Inter: Beschreibt biologische Besonderheiten bei der Geschlechtsdifferenzierung

Queer: Hier als Sammelbegriff für alle Menschen, die nicht hetero und/oder nicht cis sind.

Nicht-binär/non-binary: Geschlechtsidentität außerhalb des binären Mann-Frau-Systems

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